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Semana Santa, wenn Jesus in Tarma aufersteht und über Blumenteppiche wandelt

Die Osterwoche: Eine Woche lang im Jahr fiebern Christen mit verschiedensten Traditionen auf die Auferstehung Christi hin, zuhause werden Osterbrunnen geschmückt, Palmwedel gebunden, Eier bunt angemalt und Osterfeuer gezündet... doch wie feiert man am anderen Ende der Welt, in dem sehr katholischen Peru? 

Die Karwoche läuft ähnlich ab, es werden Palmzweige geflochten, es gibt kleine Prozessionen, in der Kirche werden Füße gewaschen und alles wirkt sehr ruhig. Doch hinter den Kulissen in den Dörfern und Stadtvierteln wird hart auf das Wochenende hingearbeitet. Selbst die ärmsten Viertel auf den Hügeln versammeln alle Bewohner und Kräfte, dann geht es hinaus in die Natur, Blumen werden gepflückt, bestimmte Blätter abgerupft und jede Menge Filterkaffee wird getrunken, doch warum der Aufwand und warum diese riesigen Mengen an bunten Blumen?

In der Karwoche ist Tarma landesweit berühmt und einzigartig wegen einer bestimmten Tradition: In der Blumenstadt der Anden finden am Ostersonntag große Prozessionen statt und Heiligenstatuen werden auf reich geschmückten Altären auf Teppichen durch die Straße getragen. Die Teppiche sind die Sensation: Sie zeigen kunstvolle Bilder, Traditionen und kulturelle Ereignisse und bestehen einzig und allein aus Blumen. Alle Straßen der Stadt werden also mit einem Blumenmeer versehen, das so sehr leuchtet und so viel Schönheit birgt. Jede Institution und jedes Stadtviertel / naheliegende Dorf darf einen Teppich gestalten, auf dem es sich üblicherweise präsentiert. So zeigt jeder Teppich typische Merkmale, Landwirtschaft, Schafherden, Fischerei, Maisernten - kein Teppich ähnelt sich! Tagelang vorher werden Designs ausgetüftelt, Blumen gesammelt, Blumenbögen aufgestellt. Am Tag der Prozession treffen sich die Künstler schon frühmorgens auf der Straße und realisieren das Kunstwerk. Zunächst wird mit Kreide alles aufgezeichnet, dann werden die Umrisse mit verbrauchten Kaffeepulver nachgezogen, die Flächen mit Blumen aufgefüllt, sodass schließlich ein klares, farbenfrohes Bild entsteht. Nach vielen Stunden Arbeit setzen die Arbeiter sich auf die Straße, frühstücken gemeinsam, schlafen abwechselnd und bewachen in den frühen Morgenstunden ihren Teppich. Die Touristen nutzen die frühe Stunde vor der Ostermesse, um jeden Teppich zu bestaunen, Fotos zu machen und zu vergleichen. Sobald dann die Prozession aus der Kathedrale zieht, steigt die Spannung. Jeder Teppich wird gesegnet und bewertet, dann ziehen die geheiligten Altäre darüber und hinterlassen ein blumiges Chaos, die größte Ehre für die Schöpfer. Später sammeln die Menschen Blumen und Heilpflanzen auf, das soll Familienglück bringen. Nach der Prozession wird ein Gewinnerteppich gekürt und gefeiert. Tarma verwandelt sich wirklich in ein wunderschönes Gedränge mit glücklichen, staunenden Menschen, Musik, Festen und abertausend Blumen. 

Während Tarma das ganze Jahr sehr ruhig und dörflich ist, Gäste oder Touristen sind kaum vorhanden, drängen sich in der Karwoche die Menschen wie auf dem Volksfestplatz: Die Unterkünfte sind ausgebucht, die Preise verdoppeln sich, auf der Straße drängen sich die peruanischen Touristen und die ganze Stadt eskaliert. Überall gibt es Essensstände, Straßenkünstler, Heliumluftballons und Schmuckstände, Jeder ist auf der Straße und nimmt am allgemeinen Getummel teil. Sogar ein Riesenrad und einige Fahrgeschäfte wurden aufgestellt, wobei ich da auf die peruanische Mechanik nicht ganz vertrauen würde. 

Nicht nur in Tarma passieren Verrücktheiten, in den naheliegenden Dörfern Acobamba und Palca kannst du am Gründonnerstag sieben Suppen essen und an Mahlzeiten teilnehmen, die auf 15m langen Tischen zubereitet werden.

Johannes und ich arbeiteten am Osterwochenende und versuchten, neben den peruanischen Bräuchen auch Ostereierbemalen und die berühmte Suche zu etablieren. Während die großen Jungs das zunächst ganz lässig als Kinderei erklärten, gaben sie sich doch alle sehr große Mühe beim Bemalen und es entstanden Kunstwerke. Die Suche war ein einziges Chaos und die 15 Jährigen stürzten sich wie wild in den Garten, um die bunten Eier aus der Erde zu graben und die Schokolade aus den Blumen zu holen. Nur das Ei, das ich unter dem brütenden Huhn versteckte, fanden sie nicht und es liegt bis heute dort hihihi.

 


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