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Mit meiner Familie quer durch die peruanischen Anden

Am 31. März durfte ich nach knapp acht Monaten meine Familie wieder in die Arme schließen! Ich fuhr ziemlich aufgeregt nach Lima und traf dann am Platz Barrancos auf Mama, Papa und Nici, die mich mit riesigen Rucksäcken erwarteten und tatsächlich in Peru waren. Que loco!

Die Wiedersehensfreude war sehr groß und ich konnte nicht glauben, dass wir gerade gemeinsam in Peru waren, dem Land, das inzwischen zu meinem Zuhause geworden ist, das ich lieben gelernt hatte. Nun konnte ich Vieles zeigen und erklären, was am Telefon so unwirklich und nicht nachvollziehbar war. Die ersten zwei Tage zeigte ich Lima, wir besichtigten viel und freuten uns aneinander, auch wenn es nicht immer einfach war, plötzlich wieder so eng beieinander zu sein, es war wunderschön! Das Familienverhältnis kehrte sich um - plötzlich war ich diejenige, die sich auskannte, einen komplett anderen Schritt gewagt hatte und nun meine Eltern herumführte und sie mit meinen Spanischkenntnissen ins Land einführte und alles organisierte, ungewohnt! 

La Victoria, das Viertel, wo ich meine ersten zwei Monate verbrachte, konnte ich nicht zeigen - das wäre mit einer 4-köpfigen Gringo-Familie wohl zu gefährlich. So konnte ich nicht genau meine Eindrücke des Ankommens demonstrieren, meine Familie sah überwiegend die schönen, reichen Seiten Limas, aber auchdas gehört schließlich dazu. Dann fuhren wir südlich nach Arequipa und die abenteuerliche Reise begann: Wir waren in den peruanischen Anden, standen morgens regelmäßig um vier Uhr früh auf, wanderten durch atemberaubende Landschaften, sahen das ursprüngliche Peru mit weiten Feldern voll Quinua und Kartoffeln, Ochsenpflügen, traditionell gekleideten Bauern und Eseln, die auf weite Andenrücken blicken: Das Peru, das ich so sehr liebe. Wir schlenderten über bunte Märkte, tranken Fruchtsäfte, probierten typisches Essen der Regionen und schlenderten abends durch die schönen Altstadtstraßen oder setzten uns an den Brunnen der Plaza de Armas mit Blick auf Kathedralen, Vulkane und entspannte Peruaner. Nach tollen Tagen in Arequipa und einem Trek durch den Colcacanyon, der zweittiefsten Schlucht der Welt, ging es für uns weiter zum Titicacasee. Dort fuhren wir zwei Tage im Boot über den riesigen See, schliefen bei einer einheimischen Familie und lernten Einiges über die sehr ursprünglichen Kulturen der Inselbewohner und ihre traditionelle Lebensweisen. Dort werden noch die Sprachen Aywara und Quechua gepflegt, es gibt einen entscheidungsfähigen Inselrat und man bezahlt nicht für Dienstleistungen, man hilft sich untereinander beim Hausbau, der Ernte oder der Kindererziehung. Wir kochten gemeinsam mit der Familie Quinoa-Suppe und spielten viel mit den Kindern, im Sonnenuntergang stiegen wir auf den höchsten Berg der Insel Amantani, welcher der Mutter Erde Pachamama gewidmet ist. Hier blickten wir im Abendlicht auf die unglaublichen Weiten des Sees und sahen sogar bis auf die bolivianische Seite, die mit hohen Gletschern beeindruckt, ein Naturspektakel!

Außerdem besuchten wir die berühmten schwimmenden Schilfinseln Uros, die täglich unfassbar viele Tagesbesucher anziehen. Hier leben einheimische Familien seit vielen Jahrzehnten traditioneller Weise in Schilfhütten auf dem See, eigentlich sehr beeindruckend. Trotzdem fühlten wir uns sehr unwohl und das erste Mal wirklich als Eindringende/Touristen: Die Bewohner vermarkteten ihr Kunsthandwerk undglaublich, spielten eine Show und wollten überall Dollar sehen. Sie boten Bootsfahrten auf chinesischen Drachenbooten an, eigens für Touristen angefertigt und sangen dabei Vamos a la playa, das wohl einzige spanische Lied, das Gringos kennen. Es war so unautenthisch und unangenehm alles, ich wollte nur weg, diese Seite des touristischen Reisens wollte ich nicht kennenlernen. Trotz diese kleinen unangenehmen Erfahrung ist mir der Titicacasee sehr positiv in Erinnerung geblieben: Die kräftigen Farben des Sees auf der Höhe von knapp 4000m, der klare Himmel, die farbigen Kulturen, es bleibt etwas ganz Besonderes.

Danach ging es weiter nach Cusco, das touristische Muss auf einer Reise durch Südperu. Die magische Hauptstadt der Inca zieht massenweise Touristen an, was gelegentlich stört, doch ich muss sagen zu Recht! Die Stadt ist wunderschön zwischen Andenhügeln gelegen und birgt so viel Kultur. Überall kannst du Überreste des großartigen Inkareichs bestaunen, sogar in kolonialen Kirchen findest du jede Menge Anzeichen. Auf den Straßen herrscht reges Treiben, jede Gasse lädt zum Entdecken ein und du spürst wirkluch den Geist der Inka, der über allem schwebt. Im Künstlerviertel San Blas kannst du in zahlreiche kleine Galerien oder Cafés gehen oder dich durch steile Treppen an die Höhe gewöhnen. Auf einem Hügel oberhalb der Stadt thront Sacsayhuaman, eine beeindruckende Tempelanlage der Inka, die sehr gut erhalten ist. Hier gerät man bei der Architektur ins Staunen: Wie wurden so riesige Steine früher so perfekt geschliffen und aufeinander getürmt?

Natürlich kommt in Cusco auch das Alpakapulli-Shoppen auf riesigen Märkten trotz all der Kultur nicht zu kurz und das ist bei der nächtlichen Kälte in den Anden auch verpflichtend!

Cusco ist nicht nur als Stadt wunderschön, sondern auch ein guter Ausgangspunkt für zahlreiche Ausflüge: Von dort aus gelangst du zum berühmten Mach Picchu, aber auch ins Heilige Tal, zu den bunten Regenbogenbergen oder kannst verschiedenste Mehrtagestreks machen.

Doch was steckt hinter dem mysteriösen Machu Picchu, der tief in den Regenwald-Bergen versteckt ist und dennoch Tausende Touristen anzieht. Auch wir, konnten dieser Verlockung nicht entstehen und sind mit einer abenteuerlichen Busfahrt über hohe Pässe nach Hidroelectrica gefahren, um von dort aus auf Zuggleisen zu der Sehenswürdigkeit zu wandern. Am nächsten Morgen stiegen wir im Dunkeln steile Inkastufen zum Eingang der heiligen Stadt hinauf und vor uns stand eines der 7 Weltwunder. Und ja, es hat diesen Titel verdient! Machu Picchu ist eine beeindruckende Inkastadt aus dem 15. Jahrhundert, die mit unglaublicher Architektur auf einem sehr steilen Berg im Regenwald gebaut ist - so gut versteckt, dass selbst die Eroberer aus Spanien sie nicht entdeckten. Die Ruinenanlage beeindruckt durch ihre großen Tempel, die exakt auskalkulierten Häuserkonstruktionen und Landwirtschaftsfelder, die durch den typisch andinen Terassenbau vor Erosion schützen. Wen man sich dann den goldenen Reichtum und das rege Treiben in der inkaischen Stadt vorstellt, kommt Ehrfurcht auf. Noch dazu bleibt die Technik der Konstruktion und die Geschichte des Machu Picchu (Alter Berg) selbst für moderne Wissenschaftler bis heute ein Geheimnis. 

Auch im wunderschönen Heiligen Tal verbrachten wir zwei Tage damit, alte Ruinen zu erkunden, durch weite Landschaften mit weiten Feldern und ursprünglichen Dörfern zu wandern und das Tal der Maras Salzterassen zu besichtigen. Hier lernst du eine Welt abseits des Massentourismus kennen, die Menschen leben bescheiden von der Landwirtschaft in kleinen Dörfern und lassen sich wenig von der Modernität und der Globalisierungswelle beeinflussen. Sie nutzen jahrhundertealte Techniken der Inka für ihre andinen Terassen, leben in Großfamilien und üben traditionelle Tänze für die Dorffeste ein. 

Am letzten Tag in der Region Cusco wanderten wir zu den Regenbogenberge und zum Roten Tal auf über 5000 Meter und waren einmal mehr überrascht von den Wundern der Natur. Dieses Gebirge ist so reich an Mineralstoffen, dass die Berge in verschiedensten Farben leuchten, so bunt und kräftig, dass man es kaum glauben kann. Dies wurde erst vor wenigen Jahrzehnten entdeckt, vorher bedeckten Gletscher die bunten Steine. Durch den Klimawandel kamen nach und nach die Farben zum Vorschein und nicht nur Touristen, sondern auch die Regierung wurde darauf aufmerksam. Die Bewohner der Region bauten langsam einen Tourismus auf, um ihre Berge gegen Mineralausbeute zu schützen, denn die Regierung hatte ein Auge auf diese Goldgrube geworfen. Bis heute kämpfen Naturschützer und Bewohner gegen eine zukünftige Minerie und versuchen, einen nachhaltigen Tourismus aufzubauen, der langfristig ertragbringend sein soll. Das Gebirge ist traumhaft schön und weitgehend unangetastet: Du blickst auf Gletscher und direkt vor die öffnen sich strahlend rote Täler mit grün und blau schimmernden Flächen, wo vereinzelte Andenkamelherden versammelt sind.

Nach all diesen vielfältigen Eindrücken von unserer tollen Reise durch Südperu fuhren wir gemeinsam nach Tarma, dem letzten Stopp. Hier sollte meine Familie nun kennenlernen, wo und wie ich lebe, welche Menschen mir ans Herz gewachsen sind und von welchen Kindern ich täglich erzählte. Tarma rundete die Reise perfekt ab, meine Eltern und Nici bekamen einen besonderen Einblick in das dörfliche Leben und die Mentalität der Peruaner. Wir wurden herzlich vom Padre im Haus empfangen und schliefen auch alle im Haus hier. Mit dem Padre gingen wir essen, heißen Schnaps trinken, redeten sehr viel über die Kulturen (das Übersetzen war durchaus anstrengend dank den verdrehten, höflichen Schachtelsätzen) und begleiteten den Padre in eine Festtagsmesse. Außerdem kam meine Familie mit ins Kinderheim und lernte meine geliebten Rabauken kennen. Da sich Ostern näherte, bemalten wir alle zusammen Ostereier und spielten eine Menge, auch das funktionierte ganz gut trotz der komplizierten Kommunikation. Ich freute mich sehr, meiner Familie die Kinder zu zeigen, die mein Jahr hier ausmachen und mir so sehr ans Herz gewachsen sind <3 

Außerdem bewanderten wir mit meiner lieben Freundin Ely den Inkaweg und wurden schließlich von ihrer Mama zum Essen eingeladen, ein lustiges, zweisprachiges Familientreffen, das wieder einmal die enorm herzliche Gastfreundlichkeit der Peruaner bewies. Abends wurden wir ins Kloster zu meinen Monjitas eingeladen, wo zur Ehren meiner Familie ein lustiges Fest stattfand, wir zusammen mit dem Padre fröhliche Huaynos sangen und viel tanzten. Ich war rundum glücklich, meine Familie hat einen sehr guten Einblick in Tarma bekommen und wurde unglaublich herzlich aufgenommen en mi Tarma querida! (in meinem geliebten Tarma).

Dann musste ich sie leider schon wieder verabschieden, für sie ging es zurück nach Lima und dann Deutschland, ich blieb in Tarma und steckte inmitten der vielen Ostervorbereitung. Danke für die tolle gemeinsame Zeit und für den Besuch im schönen Peru! und bis bald im good old germany!


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