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Ankunft und meine Eindrücke der ersten Woche in Peru

Vor etwa einer Woche, am Dienstag, den 04. September, stiegen Johannes und ich um fünf Uhr morgens aus dem Flugzeug aus und betraten mit gemischten Gefühlen zum ersten Mal peruanischen Boden. Einerseits waren wir froh, nach 16 Stunden Flug endlich angekommen zu sein und voller Erwartungen und freudiger Anspannung, wie der erste Tag in Lima so verlaufen würde, bzw. was im kommenden Jahr alles auf uns zukommen wird. Gleichzeitig waren wir nervös, ob unser Visum zur Einreise wirklich das Richtige ist, ob die Unmengen Gepäck ankommen und ob wir auch wirklich, wie per Mail vage ausgemacht, abgeholt werden. Alles hat wunderbar geklappt und eine Stunde später saßen wir schon im Auto auf dem Weg zum Konvent der Franziskusschwestern. Alle Müdigkeit und Anstrengungen des Fluges waren sofort vergessen und während unser Fahrer schon einiges über Lima und Peru erzählte, schauten wir aus dem Fenster und erlebten Lima schon als die lebendige, chaotische und riesige Großstadt mit etwa elf Millionen Einwohnern, in der arme, schmutzige Viertel sich direkt ans schön hergerichtete historische Zentrum anschließen.

Angekommen im Konvent wurden wir herzlich von unserer Mentorin Sr. Beatriz begrüßt und am ersten Vormittag hat uns eine deutsche Schwester, die schon seit knapp 60 Jahren hier lebt, das Gebäude des Konvents mit seinen sozialen Einrichtungen gezeigt. Hier wohnen derzeit 13 Schwestern in einer Gemeinschaft, wobei jede von ihnen einem Beruf nachgeht und in den verschiedenen Projekten arbeitet. Alle sind wirklich außerordentlich nett, nehmen uns herzlichst auf und widmen uns ihre Zeit, um uns mit dem Leben und der Sprache hier vertraut zu machen.

Außerdem engagieren sich alle Schwestern hier enorm und bemühen sich erfolgreich, das Leben der Bedürftigen des Viertels angenehmer zu machen. Dem Konvent angeschlossen ist die Schule „Santa María de Gorretti“, wo 400 Schüler zwischen vier und 18 Jahren unterrichtet werden. Etwas weiter entfernt vom Konvent befinden sich zwei Cunas/Kinderkrippen für zwei-/dreijährige Kinder, deren Mütter berufstätig sind und tagsüber eine Kinderbetreuung brauchen. Außerdem gibt es einen Speisesaal, in dem täglich viele Straßenkinder Mittagessen bekommen, bedürftige Familien können sich einmal wöchentlich an der Pforte ihr Essen abholen. Zur Krankenversorgung gibt es noch eine Polyklinik, in der nahezu alle medizinischen Fachrichtungen vertreten sind und die wirklich professionell ausgestattet ist. Zur ruhigen, friedlichen Ausstrahlung des Konvents gehört ein herrlicher Garten, der einen durch wunderschöne Pflanzen, Kolibris und eine Hollywoodschaukel den Lärm und das Chaos der Straßen vergessen lässt und zum Verweilen einlädt.

Auch, wenn der Konvent an eine Oase erinnert, liegt er doch mitten im lauten und eher unsicheren Stadtviertel „La Victoria“, das inzwischen für die Produktion von Kleidung und Stoffen und den Export in die ganze Welt bekannt ist. Diesen wirtschaftlichen Erfolg merkt man ihm jedoch nur bedingt an, ist auf der Straße die Armut der Menschen durch Schmutz, Müll und zahlreiche Straßenhändler doch deutlich zu spüren. Wir werden oft ermahnt, als „Gringos“ (Weißhäutige) bloß nichts Wertvolles mit uns zu tragen und obwohl wir sehr gut aufpassen, fühlen wir uns wirklich nur so wohl und sicher. Jedes Mal, wenn wir außerhalb der Konventmauern sind, genießen wir alle neuen Eindrücke und das Gefühl des pulsierenden Lebens hier draußen. Anders als in Deutschland, spielt sich viel mehr auf der Straße ab: Mitten auf der Straße werden Kleider verkauft und Obstsäfte angeboten, die Ladenbesitzer preisen ihre Ware mit Mikrofonen an und die Leute bleiben dauernd stehen, um mit Bekannten zu plaudern oder ein schnelles Mittagessen an einem Straßenstand einzunehmen. Auf dem riesigen Markt einer Parallelstraße von uns werden Glücksbringer und scheinbar magische Kräuter gegen das Böse angeboten sowie in Knoblauch eingelegte Riesenschlangen als Delikatesse verkauft, ein Anblick, der mich immer besonders erfreut… Daneben überbieten sich die Marktstände an der riesigen Auswahl verschiedenster Kartoffel-, Mehl-, Frucht- und Quinoasorten. Es gibt so viele exotische Früchte, die wir aus den europäischen Supermärkten gar nicht kennen und auch das uns Bekannte sieht und schmeckt definitiv anders (aus)… meistens viel besser!

Da wir vermutlich doch bis Mitte Oktober hier in Lima bleiben werden, um uns mit Kultur und Sprache noch besser anzufreunden, hat sich für uns schon eine Art Routine in einigen Sachen eingebürgert. Jeden Morgen gehen wir mit einigen Schwestern in eine naheliegende Kirche in die Messe, die mich jedes Mal aufs Neue überrascht: Alle singen mit, statt Orgel gibt’s Gitarren und Rasseln und der Pfarrer übertrifft sich bei jeder Predigt selbst an Emotionalität und Leidenschaft. Anders als bei uns in Deutschland ist der Glaube hier mehr im alltäglichen Leben verankert und Messen, schnelle Gebete und Glaubensbezeugungen gehören für viele Alte und Junge zur Normalität, wohingegen die Religiosität in Deutschland meist privater und persönlicher gelebt wird, wie ich finde. Nach einem köstlichen Frühstück mit Semmeln, Kaffee, Avocados und Obst gehen wir dann in die Kinderkrippen, in denen wir nun getrennt arbeiten. Die Erzieherinnen dort begrüßen uns schon freudig und wir helfen mit, so gut wir können: Beim Essen werden die Kinder teilweise noch gefüttert, die Übrigen davon abgehalten, ihr Essen durch den ganzen Raum zu schmeißen. Sonst spielen wir mit den Kindern, wagen erste musikalische Schritte mit Rasseln und Gesang, Tanzen, lernen fleißig Lebensmittel und Tiere kennen und ich erzähle ihnen kleine Geschichten. Die Kinder sind enorm süß und lieb und es macht Freude, mit ihnen einige Stunden zu verbringen. Durch ihr langsames Sprechen und die häufigen Wiederholungen werden Johannes und ich im Spanischen sicherer, trotzdem sind wir froh, wenn wir mittags das Geplapper, Geschrei und Weinen dann hinter uns lassen und zum Mittagessen gehen, wo uns tagtäglich Reis mit Hühnchen (schmeckt aber sehr gut!) erwartet. Dienstags gehen wir nun mit Sr. Beatriz in den Deutschunterricht der Schule und helfen beim Unterrichten und beim Erlernen eines deutschen Liedes, das wir bald gemeinsam mit der Klasse in der Kirche aufführen wollen! Am Nachmittag spielen Johannes und ich oft Karten, lernen Spanisch, reden mit den Schwestern oder versuchen, die kulturellen Herausforderungen und sprachlichen Schwierigkeiten zwischen Franken und Oberbayern langsam zu überwinden…

Die nächsten Einträge werden bisschen kürzer versprochen! Die erst Woche ist zwar wie im Flug vergangen und doch war sie voller Erlebnisse und Eindrücke, die ich hier ein wenig verarbeiten wollte 😉

 

Liebe Grüße aus Lima und: Hasta luego!

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